Anekdoten / Geschichten / Arena des Todes

von Schwester Lola 16.02.1999

Mit einem Kampfschrei trieb Marie-Ann ihre geballte Faust dem Gegner in den Magen, als dieser sich schmerzerfüllt krümmte, setzte sie ihn mit einem Handkantenschlag ins Genick außer Gefecht. Der Sieg gehörte ihr... wieder einmal, doch sie verspürte keinerlei Befriedigung oder gar Bestätigung. Ihr Bogen lag zerbrochen am Boden, achtlos trat sie auf die einzelnen Teile, als sie die Arena verließ. In den meisten Duellen, die sie sich in ihrem kurzen Kriegerleben geliefert hatte, ging es nicht um Ehre oder Ruhm, nein es ging um das schnöde Gold. Denn ohne Gold konnte man in diesem Teil der Welt kein anständiges Leben führen und auf die Straße wollte sie nun auch nicht zurück. Von dort hatte sie einst eine Frau geholt, der sie viel verdankte, von der sie aber auch sehr tief enttäuscht wurde. Und wieder kehrten ihre Gedanken zurück zu jener Zeit als noch Ordnung und Hingabe ihr Ziel waren.

-------------------- Vergangenheit --------------------

Rauch stieg von der Ruine keiner mehr auf, zu lange war der Kampf, der hier getobt zu haben schien, vorbei. Bedrückt stand Marie-Ann vor den Trümmern ihres bisherigen Lebens. Die Schwesternschaft... sie existierte nicht mehr. Ihr einstiger Zufluchtsort... zerstört. Nur Ruinen... keine Antworten, verstreute Gegenstände und allgegenwärtig der Staub und das Gras, welche sich langsam aber unaufhaltsam ausbreiteten. Verständnislosigkeit und Verzweiflung machten sich in ihren Gedanken breit, würde sie ihre Schwestern nie wieder sehen? Ist denn wirklich niemand dieser Katastrophe entkommen? Den Tränen nahe schrie sie ihre Wut in den Wind, der sanft und unbeeindruckt bar solcher Gefühle über die Bäume, die Wiesen und die Ruine blies."Was habe ich getan, daß Du mich so bestrafst? Warum ich? Warum schicktest Du mich fort? Ich war eine von Euch! Ich würde mein Leben geben für unsere Ziele! Du hast es gewußt und Du hast mich fortgeschickt, ein Trick... ein lächerlicher Trick und ich bin darauf hereingefallen . Wolltest Du mich schonen oder dachtest Du ich bin noch nicht bereit für das Leben einer Rogue? Ich hasse Dich!"
Nun da sie ihren Gefühlen freien lauf gelassen hatte, fühlte sich Marie-Ann nicht besser aber zumindest kamen ihre Gedanken zur Ruhe. Was blieb war die traurige Gewißheit die Letzte der (SoL) zu sein.

-------------------- Gegenwart --------------------

Müde ließ sie sich auf die Bank fallen und streckte die vom Kampf schmerzenden Glieder weit aus. Die Seele baumeln lassend begann sie sich langsam zu entspannen. Unbemerkt näherte sich ihr die Putzfrau, legte ein frisches Tuch auf die Bank und hielt Marie-Ann ein Glas mit Wasser unter die Nase. Nun ja Putzfrau ist wohl nicht der richtige Ausdruck, eher die Hosteß der Arena, also alles was den Service zwischen den Kämpfen betrifft. Deshalb bewies sie auch einige Ausdauer, als Marie-Ann sich nicht bewegte und mit keiner Regung verriet, daß sie ihre Anwesenheit bemerkt hätte. "Du siehst nicht aus wie eine Gewinnerin, mir scheint Du bist sogar enttäuscht über Deinen Sieg über diesen Warrior." Direkte Worte, die kein Ignorieren zuließen, also öffnete die junge Rogue ihre Augen und blickte der älteren Frau ins Gesicht. "Was sagst Du da?" fragte sie ungläubig. "Ich habe mich wohl eben verhört? Wie kommst Du darauf, daß ich kein Gewinnertyp bin?" Ebenso bestimmt wie selbstsicher antwortete diese "ich habe den Kampf beobachtet , selbstverständlich bist Du ihm nie offen in einen Schlag gelaufen aber manchmal schien es mir so, als ob Du wissentlich Deine Deckung geringfügig vernachlässigt hast. Ja es schien fast so, als habest Du den Wunsch, nicht zu gewinnen, vielleicht sogar... zu sterben. Für viele der hier anwesenden Zuschauer war es ein grandioser Kampf aber sie verstehen nicht die waren Nuancen und Facetten eines Duells. Du bist eine Person, die mir zwischen zwei Welten gefangen zu sein scheint. Ich könnte mich täuschen... aber das ist nur sehr selten der Fall." Mit weit geöffneten Augen schaute Marie-Ann die Frau an und versuchte ihr Alter zu schätzen, aber sie konnte diese Person einfach nicht einordnen. Getroffen von den Worten schaltete sie auf Abwehr und bemerkte in einem leicht gehässigen Ton "hör mal Alte, was verstehst Du schon von Duellen! Als ich noch ein Kind war mußt Du doch schon Deine besten Tage hinter Dir gelassen haben .Warum höre ich Dir überhaupt zu!" Mit einem Lächeln, das jeglichen Spott beiseite fegte antwortete die ältere Frau "oh! Habe ich Dich durchschaut? Tut mir leid ich wollte Dich sicher nicht verletzen , aber ich glaube Du benötigst jemanden, der Dir die Augen öffnet... nur damit Du nicht eines Tages erwachst und Dich fragst warum Du Dein Leben so verschwendet hast." "Verschwendet? Was willst Du mir denn damit sagen?" "Das ist eigentlich recht leicht zu verstehen. Macht es Sinn sich zu Duellieren, wenn der Ausgang eigentlich keine Rolle spielt..." Trotzig zog Marie-Ann die Augenbrauen zusammen und sagte "sicher... denn selbst wenn ich verlieren sollte, gewinne ich doch an Erfahrung dazu! Und je erfahrener ich werde, desto weniger verliere ich." "Oh ja ... das klingt sehr logisch. Aber hat Dir niemand bei Deiner Ausbildung gesagt, daß nur Verlierer nach Ausreden suchen?", sagte die ältere Frau und schaute mit einem kalten Glitzern in den Augen auf die junge Rogue herab. Bei Deiner Ausbildung... hallten die Worte in ihrem Kopf nach und Marie-Ann erinnerte sich.

-------------------- Vergangenheit --------------------

Mit einem Klirren prallten die Schwerter aufeinander, Funken stoben in die Luft, die Klinge der Angreiferin rutschte an Marie-Ann's eigener Waffe herab und somit aus ihrem unmittelbaren Bereich. Insgeheim freute sie sich, diese Attacke ihrer Lehrmeisterin so erfolgreich abgewehrt zu haben. Was sie nicht sah, aber spürte, war die linke Hand der Gegnerin, die in einem raschen Stoß auf ihr Brustbein zuschoß. Der Schmerz war groß, doch wurde er zum Glück von der leichten Lederrüstung gemindert. Was nicht gemindert wurde war die kienetische Energie und so landete die junge Novizin rücklings im Sand. Als sie sich gerade wieder aufrichten wollte, sah sie ihre Gegenüber zum Schlag ausholen. So schnell es ihr schmerzender Rücken zuließ, rollte sie sich nach links und hörte noch das Geräusch der Klinge, die den Boden aufwühlte... an jener Stelle, wo sie selbst noch vor wenigen Herzschlägen lag. Hatte ihre Lehrmeisterin den Verstand verloren, wollte sie sie umbringen? Wütend wie sie nun war, gelang es Marie-Ann sich aufzurichten und schaute vorwurfsvoll in die Augen ihrer Lehrerin. Aber da waren keine Gefühle oder Emotionen zu sehen... nur absolute Kälte und vielleicht, kann sein, daß sie sich täuschte, ein kurzes Aufblitzen von... das konnte sie aber nicht deuten, denn sie wurde bereits wieder attackiert. Mit einem kurzen Hechtsprung und einer eleganten Rolle brachte sie sich außer Reichweite dieses Angriffs und nahm ihr Schwert wieder zur Hand, welches sie beim Fall verloren hatte. Die neuerlichen Attacken prasselten nun wie Regen in einem nicht enden wollendem Sturm auf sie nieder. Parade... Finte... Schlag... sie fand keine Gelegenheit mehr über eine Taktik nachzudenken. Alles was ihr an Zeit blieb, reichte gerade für ein zwei Wimpernschläge und einem kurzen Atemzug. Sie reagierte gerade zu perfekt und so etwas wie Hoffnung breitete sich aus. War sie doch in der Lage die Angriffe ihrer Lehrerin erfolgreich abzuwehren? "KIIIAAAA" ein Schrei wie ein Donnerschlag, geschockt verharrte Marie-Ann für etwa 2 Herzschläge.... eine endlose Zeitspanne in einem Kampf. "Verloren ... Du hast verloren", sagte eine innere Stimme in ihrem Kopf und gleichzeitig durchbrach das Schwert ihrer Gegnerin ihre Deckung, prallte mit der flachen Seite gegen ihren Helm und schickte sie benommen zu Boden. Verschwommen nahm sie ihre Umgebung war... "was ist das für ein helles Flirren... so silbrig glänzend.... ist es die Sonne, die mich blendet? Oder versagen meine Sinne?" fragte sie sich selbst, doch augenblicklich wurde ihr klar, daß es das Schwert ihrer Gegnerin war, welches nun in einem flachen Bogen auf ihren Kopf zuraste. Sie spürte die kalte scharfe Metallschneide an ihrem Hals gepreßt, stark genug um ihr das Gefühl des besiegt Seins zu geben... schwach genug um nicht zu verletzen.

-------------------- Gegenwart --------------------

Unwillkürlich zuckte Marie-Ann zurück, als sie die Berührung an ihrem Kinn spürte. "Laß das!", fauchte sie. "Ich brauche Dein Mitleid nicht" und mit einer raschen Bewegung zog sie sich ein Stück zurück. Erstaunt blickte die Hosteß auf die Widerspenstige herab. "Du bist mir schon eine merkwürdige Kriegerin", seufzte sie. "In einem Moment, dieser Welt weit entrückt und im nächsten bissig wie eine Schlange. So langsam solltest Du Dich auf den nächsten Kampf vorbereiten , gegen den Magier wirst Du nicht einfach so gewinnen. Versuche einfach die letzten Minuten so gut wie möglich zu entspannen." Marie-Ann seufzte als sie den Schmerz in ihren Armen und Beinen spürte... die Alte hatte wohl recht, Entspannung war wirklich notwendig wenn sie sich auch nur entfernt Hoffnung auf den Sieg machen wollte. "Warte", sagte die Hosteß. "Ich werde Deine Schultern massieren, Beweglichkeit ist alles was im kommenden Duell zählen wird. Dieser Mystifier wird Dich gnadenlos durch die Arena jagen und wenn Du seinen Feuerbällen auch nur halbwegs unbeschadet entkommen willst, mußt Du sehr schnell sein. So wie Deine Muskeln im Moment verspannt sind, wirst Du mehr zu einer Bedrohung für Dich selbst als für ihn." Entschlossen begann sie nun die Schultern von Marie-Ann zu massieren, welches diese ohne ein mürrisches Wort oder eine Geste der Ablehnung geschehen lies. Einsicht? Nun ja, das wäre wohl etwas hoch gegriffen aber wenn es schon im Service enthalten war, warum sollte sie es nicht nutzen. Es vergingen einige Minuten des Schweigens... des Friedens, als die alte Frau ihre Arbeit mit einem leichten Klaps auf den Kopf der Rogue beendete. "So das war es, das volle Programm. Wir wünschen Ihnen noch einen angenehmen Aufenthalt und bemühen sie sich, nicht zu viel Blut in der Arena zu verspritzen." Mit einem schiefen Grinsen baute sie sich vor Marie-Ann auf, schaute zufrieden auf sie herab, gerade so wie ein Künstler auf sein Werk. "Nun da bleibt mir wohl nur noch viel Glück zu wünschen", sagte sie und ein Lächeln deutete sich auf ihrem Gesicht an. "Ach eins noch.... Was bedeutet eigentlich dieses Tattoo auf Deiner Schulter? SoL... Sonne oder was?" Erstaunt schaute die junge Kriegerin auf. "Nein nein, es ist ein Tribut an meine Gilde... ehemalige Gilde..." "Ehemalig?" fragte die andere Frau nach. "Ja die Schwesternschaft existiert nicht mehr... sie ist nun ja... verschwunden. Frag nicht, ich weiß es nicht genauer. Seither steht das Tattoo für Sister of Lonelyness." "Aha" sagte die Hosteß nur und wandte sich zum gehen, blieb aber nach einigen Schritten stehen und sagte leise, fast andächtig "Laufe lieber weg, als zu kämpfen... füge lieber Schmerz zu, als zu verletzen... verletze lieber, als zu töten... töte nur, um nicht selbst getötet zu werden." Erstaunt sah Marie-Ann jener Frau nach, die eben das Motto der SoL rezitierte. "Wer ist diese Frau? An wen erinnerte sie mich bloß?" fragte sie sich, hatte aber keine Zeit sich darüber Gedanken zu machen, denn so eben wurde ihr Name aufgerufen und sie trat erneut in die Arena. Ihr gegenüber Mystifier, der Magier, ungeschlagen in allen bisherigen Kämpfen, ließ die Finger knacken und musterte sie. Es würde kein leichter Kampf... aber Marie-Ann war sich sicher, daß sie ihr bestes geben würde und wer weiß, vielleicht sah sie ihre Schwestern ja bald wieder...